Tag 5: Allein auf der Höllensee

Was ein Tag… Der Morgen war stürmisch und Regen wurde über das Boot gepeitscht. Der Vortag steckte uns noch sehr deutlich in den Knochen. Auf dem Weg zum Badehäuschen waren wir uns daher alle einig, dass wir bei dem Wetter nicht auslaufen könnten und auch nicht würden. Beim Frühstück wurden wir aber schnell eines Besseren belehrt. Vor uns lagen mindestens 4 Stunden Fahrt nach Fehmarn und wenn wir am nächsten Tag wieder zurück in Heiligenhafen sein wollten, müssten wir tatsächlich heute losfahren und könnten keinen weiteren Tag Pause einlegen. Wettertechnisch sind Windstärken von 7 bis 8 Beaufort gemeldet, in Böen kann es leicht bis 9 Beaufort werden und von der Wellenhöhe waren 3 bis 4 Meter angesagt. Es sind schon andere Boote bei weniger Windstärke und Wellenhöhe gekentert. Trotz allem sollte es heute wieder raus auf die See gehen. Die Minen aller Crewmitglieder zeigten wenig Begeisterung.

Das Ablegen klappte ohne große Schwierigkeiten, zumal der Wind das Boot sowieso vom Anlegesteg wegdrückte. Selbst im Hafengebiet wurden wir schon ordentlich hin und her geschaukelt…was sollte uns dann erst auf offener See erwarten? Wir sollten es kurze Zeit später erfahren, als wir das sichere Hafengebiet verließen. Dieses Mal war Anschnallen von Anfang an Pflicht…zumindest für diejenigen, die draußen saßen. Da es weiterhin regnete und ich weder Regenhose noch Gummistiefel besaß, habe ich mich gleich unter die Sprayhood verkrochen und saß im Eingang. Das schützte zwar vor Wind, nicht aber vor dem Spritzwasser, welches literweise hineinstürzte. Stefan saß die meiste Zeit unten über den Karten und rief Kursanweisungen nach oben. Unser Skipper verließ das Ruder nicht ein einziges Mal und auch der Autopilot wurde nicht eingeschaltet…alle waren hochkonzentriert. Natürlich hatten wir am Morgen vergessen die Seeventile der Toilette zu schließen, also drückte es nun das Wasser in die Toilette zurück, was einen etwas unangenehmen Geruch verursachte. Außerdem war eine Luke im Salon nicht richtig geschlossen und beim nächsten Gischt-Schauer verteilte sich ein ordentlicher Schwall Salzwasser über die neuen Lederpolster und den Holztisch. Wir fuhren mit Großsegel und Motor, um irgendwie gescheit voran und nach Fehmarn zu kommen und das Boot im Wasser so stabil wie möglich zu halten. Unvorstellbar, dass niemandem von der Fahrt übel wurde…die Pflaster von Scopoderm hatten sich also bei drei Besatzungsmitgliedern unserer Crew absolut bezahlt gemacht…der Rest von uns waren einfach unerschrockene Seebären.

Auf diesem Video erhält man einen kleinen Eindruck von dem heftigen Seegang.

An diesem Tag waren wir mutterseelenallein auf See…nicht ein einziges Boot bekamen wir zu Gesicht. Wahrscheinlich war niemand so wahnsinnig wie wir, um hinauszufahren. Erst in der Nähe des Hafens von Burgtiefe sahen wir das erste Schiff des Tages – es war die Küstenwache. Das Anlegen im Hafen war nicht so leicht wie an den vergangenen Tagen. Unser Boot wurde immer wieder abgetrieben und so konnten wir nicht in die schmalen Parkbuchten einlaufen. Folglich legten wir längsseits an einem Steg an, der nur für Boote gedacht war, die hinein- oder herausgehoben werden sollen. Man erlaubte uns zwar den Halt für eine Nacht, wir müssten jedoch am nächsten Morgen 7.30 Uhr wieder weg sein. Das war uns alles egal, Hauptsache wir konnten anlegen und hatten endlich wieder Festland in Reichweite.

Nach dem Anlegen dann der nächste Schreck. Nicht nur die Luke im Salon war nicht richtig geschlossen worden, sondern auch die Luke in unserer Kabine. Es war nur ein winziger Spalt, doch der war groß genug, um, bei überschlagenden Wellen, Wasser eindringen zu lassen und unsere Schlafsäcke, Matratzen und Klamotten zu durchweichen. So ein Boot ist schon nicht groß und nun standen, hingen und lagen überall im Salon Sachen zum Trocknen aus. Das machte aber niemanden etwas aus. Der Tag war hart und hatte uns alle etwas enger zusammengeschweißt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

%d Bloggern gefällt das: