Julley India

Knapp vier Wochen sind um, Zeit weiterzureisen. Oder noch nicht? Nach all den Strapazen in Indien möchte ich nun noch gar nicht so recht Abschied nehmen. Ich habe so viel erlebt, so viel gesehen…nicht nur Positives. Dieses Land hat sich mit seinen Gegensätzen in meinen Kopf gebrannt. Viele sagen, dass man Indien entweder mag oder nicht, es gibt kein Dazwischen. Ich hab mich noch nicht recht entschieden zu welcher Seite ich gehöre…tendenziell würde ich es eher eine Hassliebe nennen. Ich habe mit meinem Visum noch einen zweiten Eintritt in das Land bis Ende Dezember frei, vielleicht nehme ich diesen nach Nepal noch in Anspruch, mal sehen. Indes kann ich sagen, dass ich größtenteils wirklich eine tolle Zeit hatte, im Nachhinein betrachtet. Indien ist bunt und lebendig, pulsiert, lässt einen nicht ruhen.

In Mumbai ging es Anfang September los. Ich war china- und vietnamerfahren, doch Indien toppte alles. Der Verkehr teils lebensgefährlich und unglaublich laut, von allen wird man angestarrt, es ist heiß, die Luftfeuchtigkeit liegt bei 95%, jeder schwitzt, dann regnet es plötzlich wie aus Eimern und das Leben steht für einen kurzen Moment still. Fast jeder Inder möchte ein Selfie mit einer Europäerin, also mir zum Beispiel…beliebter sind da nur Blondhaarige 😁 All diese Extreme zerren an den Nerven und an der Gesundheit. Wo viele Menschen dicht an dicht, unter teils sehr unhygienischen Umständen leben, sind Krankheitskeime nicht weit. So holte ich mir auf meiner Reise über Aurangabad, Ahmadebad und Jaipur in Agra eine Lebensmittelvergiftung. Es war daher ein besonderes Erlebnis den Taj Mahal zu besuchen 😅 Danach starteten 4 Tage lang Unwohlsein mit so gut wie keiner Nahrungsaufnahme…ich nahm mal gut 8 kg ab…keine gute Voraussetzung für Nepal. In Manali war das Klima nicht nur angenehmer, hier traf ich auch meine Mongoleireisegefährten Mohammad und Karsten wieder und wurde alle 3 Stunden mit einer neuen kulinarischen Köstlichkeit versorgt. Wieder aufgepeppelt ging es auf der zweitgefährlichsten Straße 17 Stunden lang von Manali nach Leh. Jetzt war nicht nur mir kotzübel, sondern auch Mohammad. Kein Problem, Karsten hatte Arznei für uns beide dabei 😃 In Leh wurde ich von der Stadt selbst und seiner umliegenden Bergwelt überwältigt. Die auf 3.500 m gelegene Stadt bot ein angenehmes Klima und den perfekten Ort zur Akklimatisierung in höheren Lagen. Einen besonderen Höhepunkt stellte eine Mountainbiketour vom höchsten Pass der Welt, dem Khardung-La Pass, dar, von 5.359 m ging es hinab nach Leh…ein Erlebnis, das keiner von uns so schnell vergessen wird. Nach weiteren verschiedenen Ausflügen in der Gegend reiste ich diesmal mit dem Flugzeug weiter nach Srinagar, nahe der pakistanischen Grenze und lernte kennen was es heißt in einer vom Militär geprägten Region zu verweilen…die Gegend war schon häufig Ziel islamistischer Anschläge auf religiöse Stätten. Zuletzt ging es zurück nach Neu Delhi, zurück in die indische Zivilisation, den rauen, lauten Alltag. Im roten Fort genieße ich die letzen Stunden in Indien, ganz allein, lasse meine Erlebnisse Revue passieren…schicke Selfiejäger mit einem knappen „no foto“ wieder weg und vergesse die Zeit.

Ich kanns noch nicht glauben morgen in Nepal zu sein – ein Traum wird wahr, gleichzeitig nehme ich schweren Herzens Abschied von einem Land, das so vielfältig an Kultur, Menschen, Essen, Lebensstil und Entwicklung ist. Indien ist nicht immer einfach, v.a. als alleinreisende Frau. Achtsamkeit ist das A und O, nicht nur im Straßenverkehr und beim Essen. Jeder versucht seinen Profit aus dem Tourismus zu schlagen und einen zu beeinflussen, zu täuschen und übers Ohr zu hauen. Ich bin in Indien härter geworden, kompromissloser, aber auch empfindsamer. Indien – vielen Dank für diese Lektion in meinem Leben.

Die aufgeführten Erlebnisse sind bei Weitem nicht alles was ich in Indien erlebt habe, aber die einprägsamsten 😉.

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